121 Thesen zum Internet, oder: Cluetrain Teil II

121 Thesen zum Internet, oder: Cluetrain Teil II

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Intro:
16 Jahre ist es her und es waren die Zeiten der Dotcom-Blasen, da sorgte das Cluetrain Manifest von Rick Levine, David Weinberger, Doc Searls und Christopher Locke für Aufsehen: 95 Thesen zum Internet, die der Versuch waren, der aufkommenden Kommerzialisierung des Internet und den daran beteiligten Gesprächen klar zumachen: Wir sind Menschen und wollen als solche behandelt werden, wir wollen ernst genommen werden, sprecht mit uns. Nun melden sich zwei der damaligen Protagonisten erneut zu Wort und mahnen: DAs INternet hat sich sehr verändert seit damals und vieles von dem, was zu Beginn des Internets an idealistischen Gedanken mit iengebracht worden war, droht verloren zu gehen.
Ich habe die englische Verson, die sich hier findet, einmal (zugegebenermassen zuweilen etwas frei) ins Deutsche übersetzt, damit sich die Thesen auch hierzulande verbreiten können…

Höre, oh InternetDie neuen Thesen zum Internet

Es sind 16 Jahre vergangen seit unserer letzten Meldung.

In dieser Zeit haben die Menschen im Internet – Du und ich und alle unsere Freunde und Freunde der Freunde der Freunde, bis hin zum letzten Kevin Bacon – das Internet zu einem außergewöhnlichen Ort gemacht, angefüllt mit Zeichen und Wundern.

Vom Seriösen über das Lachhafte bis hin zum Gibtsdochgarnicht haben wir Titanen vom Podest gestoßen, Helden erschaffen und alle bisherigen Annahmen über uns und das Leben und wer wir sind geändert.

Doch nun ist all das, was wir erschaffen haben, in tödlicher Gefahr.

Als wir damals uns zum ersten Mal meldeten, ging es uns darum, vor der Gefahr zu warnen, die von denen ausging, die nicht verstanden, dass sie das Internet nicht verstanden.

Das waren die Idioten und die Unternehmen, die sich die Fallen des Internets zunutze gemacht hatten.

Nun bedrohen neue Arten von Mob das, was wir füreinander aufgebaut haben.

Die Marodeure verstehen das Internet all zu gut. Sie sehen es als Ort, wo man plündern kann, unsere Daten und unser Geld stehlen und uns als Narren ansehen kann.

Doch viel gefährlicher ist ein anderer Mob: Wir!

Ein Mob ist eine wilde Horde, eine undifferenzierte Masse an Menschen. Doch das Ruhmreiche am Internet ist ja, dass es uns die Möglichkeit bietet, uns als unterschiedliche und eigenständige Personen miteinander zu verknüpfen.

Wir alles lieben Massenmedien und –unterhaltung. Sapperlot: TV ist ganz schön groß geworden in diesen Tagen und das Netz lässt uns sehen was wir wollen wann wir wollen. Großartig!

Doch wir dürfen nicht vergessen, dass das Bereitstellen von Massenmedien-Kanälen nur die schwächste aller Möglichkeiten des Internet ist.

Die Super-Kraft des Internets ist eigentlich, uns ohne extra Erlaubnis miteinander verbinden zu können. Seine Allmacht besteht darin, dass wir aus dem Netz machen können, was auch immer wir uns darunter vorstellen.

Es ist deshalb jetzt nicht die Zeit, sich zurück zu lehnen und das ach-so-leckere Fernseh-Junkfood, das die Plünderer und Marodeure uns auf ihren Kanälen präsentieren, als wäre das Internet fertig. Es ist viel mehr Zeit, kräftig Zunder im Internet zu geben und jedem Unternehmen Feuer unterm Hintern zu machen, das uns für Einfaltspinsel hält.

Stück für Stück wird gerade nach dem Internet gegrapscht und um eines klar zu stellen: mit einer Unterschrift, einem Handschlag oder indem wir bestimmte Stimmen zu laut werden lassen, sind wir gerade dabei, das Internet zu verlieren, das wir lieben.

Wir kommen zu euch aus der Anfangszeit des Internet. Wir sind zusammen erwachsen geworden. Die Zeit drängt.

Wir, die Leute aus dem Internet, wollen an die Großartigkeit des Internets erinnern um es uns jetzt wieder zurück zu holen und es zu dem zu machen, was es eigentlich ist.

David Weinberger, Doc Searls am 8. Januar, 2015

Es begab sich aber zu einer Zeit, als wir im Garten Eden saßen…

A) Das Internet sind wir, vernetzt.

1 Das Internet besteht nicht aus Kupferdraht, Glasfiber, Radiowellen geschweige denn Röhren.

2 Die Geräte, die wir zur Verbindung ins Internet nutzen, sind nicht das Internet.

3 Verizon, Comcast, AT&T, Deutsche Telekom besitzen nicht das Internet. Facebook, Google und Amazon sind nicht die Netzmonarchen, noch sind es deren Algorithmen und Programme. Weder die Regierungen der Erde noch deren Handelsorganisationen haben die Zustimmung der Internetuser, sich als Regierende im Netz aufzuspielen.

4 Wir verfügen über das Internet gemeinsam und ohne Besitz.

5 Von uns und dem, was wir aus dem Internet gemacht haben, bezieht es all seinen Wert.

6 Das Netz stammt von uns, ist von uns gemacht und gehört uns.

7 Das Internet ist unser.

B) Das Internet ist nichts und hat keinen Zweck

8 Das Internet ist ebenso wenig greifbar wie die Gravitation. Aber beide ziehen uns an.

9 Das Internet ist grundsätzlich ein Kein-Ding (un-be-greif-bar, unanfassbar). Zuallererst ist das Internet eine Reihe von Vereinbarungen, die die Geeks unter uns (lang mögen deren Namen in unseren Gedächtnissen bleiben!) „Protokolle“ nennen, die wir aber in diesen Tagen vielleicht eher „Gebote“ oder „Vorschriften“ nennen sollten.

10 Das erste Gebot lautet: Dein Netzwerk soll alle Datenpakete näher ans jeweilige Ziel bringen ohne Verzögerung oder Bevorzugung, sei es durch Herkunft, Quelle, Inhalt oder Ausrichtung!

11 So macht das erste Gebot das Internet frei für jede Idee, Applikation, jedes Geschäft, jede Aufgabe, jedes Laster, jedes Wasauchimmer.

12 Es gab bisher kein Instrument mit derartig allgemeiner Anwendungsmöglichkeit als die Sprache.

13 Das bedeutet: Das Internet ist nicht für etwas Spezielles bestimmt. Nicht für Soziales Netzwerken, nicht für Dokumente, nicht für Werbung, nicht für Unternehmen, nicht für Bildung, nicht für Pornos, nicht für irgendwas. Es ist speziell entwickelt für alles.

14 Das Internet für etwas Bestimmtes zu verbessern bedeutet, es für alle anderen Möglichkeiten der Anwendung zu verschlechtern.

15 Das Internet kennt wie die Gravitation keine Unterschiede in seiner Anziehung: Es zieht uns alle an, die Starken und die Schwachen gleichsam.

C) Das Internet ist nicht Inhalt

16 Es gibt tolle Inhalte im Internet. Doch Himmelhergottnochmal, das Internet ist nicht aus Inhalten gemacht.

17 Das erste Gedicht eines Teenagers, die Veröffentlichung eines lange gehüteten Geheimnisses, eine feine Zeichnung von zarter Hand, ein Blogpost aus einem Land, das die Stimme seiner Einwohner hasst – keiner dieser Menschen hat sich hingesetzt, um Inhalt zu erstellen.

18 Haben wir das Wort „Inhalt“ ohne Anführungszeichen benutzt? Wir bekennen uns schuldig!

D) Das Netz ist kein Medium

19 Das Netz ist genauso wenig ein Medium wie es ein Gespräch ist.

20 Im Netz sind wir das Medium. Wir sind diejenigen, die Botschaften verbreiten. Wir machen das jedes Mal, wenn wir posten oder retweeten, einen Link in einer E-Mail senden oder es in einem Sozialen Netzwerk veröffentlichen.

21 Anders als ein Medium hinterlassen Du und ich unsere Fingerabdrücke und Bissmale auf den Botschaften, die wir aussenden. Wir teilen Leuten mit, warum wir es ihnen senden. Wir diskutieren mit ihnen. Wir fügen einen Witz hinzu. Wir lassen die Teile weg, die uns nicht gefallen. Wir machen uns die Nachrichten zu Eigen.

22 Jedes Mal, wenn wir eine Botschaft durchs Netz schicken, senden wir ein klein bisschen von uns selbst mit.

23 Wir senden eine Botschaft nur dann durch dieses „Medium“, wenn sie uns in einem der vielen Tausend Punkte bedeutsam erwischt, durch die Menschen berührt werden können.

24 (Für)sorge – Bedeutung – ist die treibende Kraft des Internets.

E) Das Web ist ein weltweites

25 1991 hat uns Tim Berners-Lee ein kostenloses Geschenk gemacht: Das World Wide Web. Danke!

26 Tim entwickelte das Web durch die Zurverfügungstellung von Protokollen (da ist es wieder, dieses Wort!), die beschrieben, wie man eine Seite erstellt, die auf eine andere Seite verlinkt ohne dafür irgendjemand um Erlaubnis bitten zu müssen.

27 PENG! Innerhalb von 10 Jahren hatten wir Milliarden von Seiten im Web – eine Anstrengung so gewaltig wie der Zweite Weltkrieg und doch so harmlos, dass die größte Beschwerde das „-Tag war.

28 Das Web ist ein unglaublich großer Schatz entdeckbarer Dinge im Gewühl ihrer Vernetzung.

29 Das klingt bekannt: Oh ja, das ist es auch, was die echte Welt ist.

30 Anders als die echte Welt entstand das Web durch einen von uns, der damit eine bestimmte Vorstellung damit zum Ausdruck brachte, wie all diese kleinen Dinge miteinander verbunden sind.

31 Jeder Link einer Person, die etwas Bestimmtes mitzuteilen hat, ist ein Akt der Großzügigkeit und Selbstlosigkeit mit der Bitte, unsere eigene Seite umzublättern und mal einen Blick darauf zu werfen, wie jemand anderes die Welt sieht.

32 Das Web lässt die Welt durch unser kollektives Bild von ihr neu entstehen.

Doch oh – wie haben wir uns verirrt, Brüder und Schwestern…

A) Wie konnten wir es zulassen, dass aus Gesprächen Waffen werden?

33 Es wird Zeit, dass wir die Gespräche, die Freundschaften, die tausend Augenblicke der Sympathie, Freundlichkeit und Freude im Internet zu bemerken und schätzen lernen.

34 Doch heutzutage hören wir die Worte Schwuchtel und Nigger im Netz öfter als auf der Straße.

35 Die Dämonisierung im Internet von „Denen“ – Leute, die anders aussehen als wir, die anders Sprache sprechen, andere Meinungen haben oder zu anderen Gruppen gehören als wir – ist schlimmer denn je.

36 Frauen in Saudi Arabien können nicht Autofahren? Mittlerweile kann fast die Hälfte von uns nur noch mit dem Zeigefinger auf andere zeigen.

37 Gehässigkeit und Hass sind im Netz so präsent, weil es sie nun mal in der Welt gibt. Aber das Netz macht es so einfach, sie heraus zu lassen und sie wahr zu nehmen.

38 Die Lösung: Wenn wir eine Lösung hätten, würden wir euch nicht mit diesen verdammten Lektionen hier langweilen!

39 So viel können wir sagen: Hass hat das Internet nicht erschaffen, aber er hält das Netz und uns auf.

40 Lasst uns zumindest festhalten, dass das Netz Werte in sich trägt. Menschliche Werte.

41 Nüchtern gesehen ist das Netz nur kalte Technik. Doch wird es bevölkert von Kreaturen, die von dem, was sie beschäftigt gewärmt werden: ihr Leben, ihre Freunde, die Welt, die wir teilen.

42 Das Netz bietet uns einen gemeinsamen Ort wo wir sein können, wie wir sind. Mit anderen, die sich an unserer Verschiedenartigkeit erfreuen.

43 Niemand besitzt diesen Ort. Jeder kann ihn nutzen. Jeder kann ihn verbessern.

44 Das ist es, was wir unter einem offenen Internet verstehen. Kriege wurden schon für weniger geführt.

B) „Wir stimmen überall überein. Ich finde dich faszinierend!“

45 Die Welt ist vor uns ausgebreitet wie ein großes Buffet und nun kleben wir daran mit unserem Steak und Kartoffeln, Lamm und Hummus, Fisch und Reis oder was auch immer.

46 Wir tun das, zum Teil, weil ein Gespräch nun mal eine gemeinsame Grundlage braucht: die gleiche Sprache, gleiche Interessen oder Normen, gleiches Verständnis der Dinge. Ohne das ist es eben schwer, sich zu unterhalten.

47 Gemeinsam geteilte Bereiche bringen Sippschaften hervor, Stämme und Gruppen. Der Erdboden hat diese Stämme bisher voneinander fern gehalten, es ihnen ermöglicht, sich in vielen unterschiedlichen Schattierungen zu entwickeln. Jubel! Stämme erhoben sich und kämpften gegeneinander. Jubel? Nicht wirklich.

48 Im Internet schrumpfen die Distanzen zwischen den Stämmen auf Null.

49 Anscheinend ist es gar nicht so einfach, jemanden anderen Interessanten zu finden.

50 das ist eine Aufgabe, die wir schaffen können, wenn wir offen sind, sympathisch und geduldig. Wir können es schaffen! Schließt euch zusammen! Wir sind die Nummer eins!

51 Offen und weiten Herzens zu sein, das ist ein Wert, den das Netz lernen muss von den besten Kulturen unserer echten Welt.

C) Marketing macht es nach wie vor schwieriger, miteinander zu reden.

52 Wir lagen damals beim ersten Mal richtig: Märkte sind Gespräche.

53 Es ist keine Unterhaltung, wenn ihr uns am Hemdsärmel zupft und uns Dinge erzählt über ein Produkt, von dem wir nichts hören wollen.

54 Wenn wir was über euer Produkt wissen wollen, dann finden wir es heraus von jemand anderem im Netz.

55 uns ist klar, dass diese Unterhaltungen für euch Unternehmen unfassbar wertvoll sind. Zu schade. Sie gehören uns!

56 Ihr seid willkommen, bei unseren Unterhaltungen dabei zu sein, aber nur, wenn ihr uns verratet, für wen ihr arbeitet und wenn ihr für euch sprechen könnt und das auch tut.

57 Immer wenn ihr uns „Konsumenten“ nennt, fühlen wir uns wie Kühe, die das Wort „Fleisch“ im Lexikon nachschlagen.

58 Hört auf, unsere Leben durchzusieben auf der Suche nach Daten, die euch nichts angehen und die eure Maschinen falsch interpretieren.

59 Keine Angst: Wir sagen es euch schon, wenn wir auf dem Markt nach irgendwas Ausschau halten. Auf unsere Art, nicht auf eure. Glaubt uns: Das ist besser für euch!

60 Anzeigen, die menschlich klingen aber aus den Eingeweiden eurer Marketingbüros stammen beschmutzen das feine Gewebe des Netzes.

61 Wenn das Personalisieren von etwas gruselig wirkt, ist es das Beste Zeichen dafür, dass ihr nicht verstanden habt, was es heißt, ein Mensch zu sein.

62 Persönlich ist menschlich. Personalisierung ist es nicht.

63 Je menschlicher die Maschinen klingen, desto mehr gleiten sie ab in das Tal des Schreckens.

64 Außerdem: Bitte hört auf damit, Anzeigen wie Meldungen zu kleiden in der Hoffnung, wir würden das kleine Hinweisschild „Werbung“, das aus der Unterhose hängt, nicht bemerken.

65 Wenn ihr diese “Native Ads” platziert, die aussehen, als wären sie ein echter Artikel, dann erodiert ihr nicht eure eigene Glaubwürdigkeit sondern auch die dieses neuen Weges miteinander zu kommunizieren.

66 Übrigens: Ihr könntet die „Native Ads“ doch auch bei ihren echten Namen nennen: „Produktplatzierung“, „Untergeschobene Anzeige“ oder „Verschissen-gelogene Pseudo-Nachrichten“. Wie wär´s damit?

67 Anzeigenagenturen haben doch Jahrzehnte existiert ohne gruselig zu werden. Das können sie auch im Netz schaffen.

D) Das Guantanamo des Internet

68 Wir alle lieben unsere leuchtenden Apps, auch wenn sie gesichert sind wie eine Mondbasis. Schmeißt alles Apps zusammen und ihr habt nur einen Stapel von Apps.

69 Schmeißt alle Webseiten zusammen und ihr habt eine neue Welt.

70 Webseiten sind da um zu verbinden. Apps sind da, um auszuschließen.

71 Indem wir vom Web zu den Apps wechseln, verlieren wir die Güter, die wir gemeinsam in Internet geschaffen haben.

72 Im Königreich der Apps sind wir nur Nutzer, nicht Erschaffer.

73 Jede neue Webseite macht das Internet größer. Jeder neue Link macht das Web reicher.

74 Jede neue App gibt uns etwas anderes zu tun beim Busfahren.

75 Autsch, das war ein Schnellschuss!

76 Hey! „Schnellschuss“ könnte ein neue coole App werden! Und quer über den Bildschirm steht dann “In-App-Käufe möglich”.

E) Anziehung ist so lange gut, bis sie uns in ein Schwarzes Loch saugt

77 Nicht-Neutrale Anwendungen im neutralen Netz werden so unentrinnbar wie Schwarze Löcher

78 Wenn Facebook deine Erfahrung des Internets ist, dann hast Du dir die Brille einer Firma aufgesetzt, die sich zur Aufgabe gesetzt hat, Dir die Brille nie abzunehmen.

79 Google, Amazon, Facebook, Apple sind alle im Brillengeschäft. die Grosse Wahrheit dahinter: Sie wollen uns festhalten, so wir Schwarze Löcher dass Licht festhalten.

80 Diese Firmenwesen sind nicht gefährlich weil sie böse sind. Viele von ihnen engagieren sich sogar erstaunlich stark. Dafür steht ihnen Applaus zu.

81 Allerdings nutzen sie die Anziehungskraft des Sozialen: De Netzwerk-Effekt ist das Phänomen, dass viele Leute etwas nutzen weil viele andere es verwenden.

82 Wo es keine wettbewerblichen Alternativen gibt, müssen wir hypersensibel diese Titanen des Internets immer wieder auf die Werte aufmerksam machen, die dieses Netz zu Beginn inspirierten.

83 Und dann müssen wir den Klang lobpreisen, den wir hören, wenn sich jemand von ihnen abwendet. Das klingt wie eine Mischung aus einem Raketenstart und einem kaputten Reisverschluss eines zu engen Kleidungsstücks.

F) Privatsphäre in Zeiten von Spionen überall

84 Okay, Regierung, Du hast gewonnen. Du hast unsere Daten. Was können wir nun tun um sicher zu gehen, dass Du diese Daten gegen SIE nutzt und nicht gegen UNS? Mal ehrlich: Könnt ihr uns den Unterschied überhaupt erklären?

85 Wenn wir von unserer Regierung verlangen, dass sie künftig die Finger davon lässt, können wir uns beim nächsten Mal, wenn der nächste Angriff kommt, uns nicht beschweren, dass sie uns stärker hätte überwachen sollen.

86 Ein Handel ist dann nicht fair, wenn Du nicht weißt, was Du bei diesem Handel aufgibst. Hörst Du das, lieber Ausverkauf-der-Privatsphäre-zugunsten-der-Sicherheit?

87 Es wird immer klarer, dass wir bedauern müssen, nicht ausreichend dafür gesorgt haben, dass (unsere) Daten nicht in die Hände der Regierungen und Firmenlords der Internetriesen gelangen.

G) Privatsphäre in Zeiten neugieriger Wiesel

88 Privatsphäre ist gut für die, die sie wollen. Und wir alle ziehen irgendwo eine persönliche Grenze.

89 Frage: Wie lange glaubst Du, hat die Prä-Web-Kultur gebraucht um in Sachen Privatsphäre Grenzen zu ziehen? Antwort: Seit wann gibt es Kultur?

90 Das Web ist gerade mal eben erwachsen geworden. Wir stehen am Anfang, nicht am Ende dieser Geschichte mit der Privatsphäre im Internet.

91 Wir können nur herausfinden, was Privatsphäre im Netz bedeutet, wenn wir herausfinden, was es heißt, im Internet sozial zu agieren. Und wir haben gerade mal erst begonnen, das neu zu erfinden.

92 Die Bemühungen der Wirtschaft und der Regierungen uns bis auf die Unterhosen auszuziehen sind so heftig, dass wir gut daran tun, Unterhosen aus Alufolie zu tragen.

93 Hacker haben uns da hin gebracht und sie werden es sein müssen, die uns da wieder raus bringen.

Bauen und Pflanzen

A) Kumbajah klingt erstaunlich gut in einer Kammer mit Echo.

94 Das Internet ist erstaunlich. Das Web ist faszinierend. Du bist schön. Wenn wir uns alle verbinden, werden wir viel staunenswerter als Jennifer Lawrence. Das sind simple Fakten.

95 So lasset uns auf den Punkt bringen, was das Netz in den vergangenen 20 Jahren erreicht hat:

96 Es gibt so viel mehr Musik in der Welt.

97 Wir machen heutzutage so viel unserer Kultur selbst und daheim mit gelegentlichen Streifzügen in ein Kino mit Filmen wo irgendwas explodiert und einer 9€-Popcorn-Tüte in der Hand.

98 Politiker müssen heutzutage ihre Positionen viel tiefgründiger rechtfertigen als nur wie früher ein einseitiges Positionspapier kopieren zu lassen.

99 Was auch immer Du nicht verstehst: Du findest eine Erklärung dafür. Und eine Diskussion darüber. Und einen Streit darüber. Ist das nicht toll, wie außergewöhnlich das ist?

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102 Klar, das Internet hat nicht alle Probleme der Welt gelöst. Deshalb hat uns der Herr einen Hintern gegeben, damit wir den hoch kriegen.

103 Internet-Neinsager helfen uns beim ehrlich bleiben. UND wenn sie nicht undankbar sind, mögen wir sie sogar.

B) Eine Hand voll Predigten

103 Wir haben euch gezeigt, wie man das Internet in vier einfachen hinkriegt, aber der einzige, den wir noch im Kopf haben ist: Profit. Stattdessen also hier einfach mal so ein paar Gedanken:

105 Wir sollten die Künstler und Kreativen unterstützen, die uns das Leben erleichtern und verschönern.

106 Wir sollten den Mut haben nach der Hilfe zu fragen, die wir benötigen.

107 Wir haben eine Kultur des Teilens und Öffnens im Netz aber Gesetze des Verschließens und Schützens in der Welt. Copyright hat seine Berechtigung, aber im Zweifelsfalle: mach auf, lass laufen, gib frei.

108 Im falschen Kontext ist jeder ein Arsch (Wir auch. Aber das wisst ihr schon.). wenn ihr also Leute in den Pool zum Schwimmen einladet: nennt die Regeln. Alle Trolle: raus aus dem Pool!

109 Wenn die Unterhaltung auf deiner Webseite aus dem Ruder läuft, ist das dein Fehler.

110 Wo auch immer die Unterhaltung statt findet, niemand schuldet dir eine Antwort, ganze egal wie sinnhaft dein Argument oder wie gewinnend dein Lächeln ist.

111 Unterstütze die Unternehmen, die das Web wirklich kapiert haben. Du erkennst sie, weil sie nicht nur unsere Sprache sprechen sondern auch auf unserer Seite stehen.

112 Sicher: Apps bieten ein cooles Erlebnis. Aber das Web besteht aus Verknüpfungen, die uns ohne Ende nach Draußen bringen. Für das Leben und die Ideen bedeutet Abgeschlossenheit den Tod. Wähle das Leben.

113 Ärger ist eine Lizenz zur Dummheit. Die Strassen des Internet sind bereits voller Fahrer mit Fahrlizenz.

114 Lebe die Werte, die das Internet deiner Meinung nach bieten soll.

115 Wenn du eine Zeit lang geredet hast: sei mal still. (Machen wir auch gleich).

C) Zusammen sein: Der Grund und die Lösung für jedes Problem

116 Indem wir den Schwerpunkt auf die Menschen beim Sündenfall des Internets gelegt haben – dich und mich – haben wir das getan, weil wir immer noch den Glauben an das haben, mit was wir mal das Ganze begonnen haben.

117 Wir, die Leute im Internet, können noch gar nicht absehen, was wir alles zusammen schaffen, weil wir noch lange nicht damit fertig sind zu ergründen, wie das so ist: Zusammen sein im Internet.

118 Das Internet hat eine uralte Kraft freigesetzt. Die Anziehungskraft, die uns zueinander zieht.

119 Die Anziehungskraft von Verbindungen ist Liebe.

120 Lang lebe das offene Internet.

121 Mögen wir lange unser Internet lieben.

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